Mittwoch, 7. Dezember 2016

Gutes Marketing - oder doch schon Manipulation

In einer unserer letzten Unterrichtsstunden ging es unter anderem um Manipulation im Marketing - dazu ist mir eine der ersten Vorlesungen in einem anderen Modul (Konsumentenverhalten) in den Sinn gekommen: Dort hiess es, Ziel des Marketings ist nicht die Manipulation!
Was ist denn nun Manipulation und was einfach nur gutes Marketing?




Nehmen wir zum Beispiel die Flasche von Coca Cola - jeder von euch würde sie blind erkennen. Doch warum? Weil die Form so einzigartig ist? Weil sie an die weiblichen Rundungen einer Frau erinnert? Ist das jetzt gutes Benchmarketing, Beeinflussung oder gar Manipulation? Man kann Coca Cola eine Form der Manipulation oder versteckter Einflussnahme unterstellen, doch damit diese funktioniert, braucht es ein Motiv. Nur wenn ein Motiv vorhanden ist, also etwas, das sich der Konsument sowieso wünscht, kann Manipulation funktionieren. (Dr. T. Brunner, Dozent für Konsumentenverhalten an der HAFL).

Und wie sieht es sonst aus? Ja, Supermärkte sind so aufgebaut, dass sie uns in gewisser Weise dazu verleiten, möglichst viele Spontankäufe zu tätigen. Aber ist das Manipulation? Nur weil es wissenschaftlich bewiesen ist, welchen Einfluss Musik, Gerüche, Bilder etc. haben, heisst das noch nicht, dass ich darauf reagiere. Es wird zwar mit allem Möglichen versucht, die Verweilzeit der Konsumenten im Laden zu erhöhen, da dann auch mehr gekauft wird.  Merkt der Konsument jedoch, dass versucht wird, ihn zu manipulieren, ärgert er sich nur mehr und kauft weniger ein.

Betrachten wir es mal aus einer anderen Perspektive:
Der Begriff Manipulation setzt sich aus den lateinischen Wörter "Manus" (Hand) und "plere"(vollmachen, füllen) zusammen. Somit hat es früher bedeutet, jemanden mit einer Hand voll irgendetwas zu behandeln. Im Mittelalter verlor der Begriff Manipulation nach und nach seine ursprüngliche Bedeutung - heute versteht man darunter, dass irgendjemand etwas macht, das ein anderer (Manipulator) für ihn vorbereitet hatte. Der Manipulator nimmt also Einfluss auf die Willensentscheidung einer anderen Person, ohne dass diese etwas davon erfährt. Manipulation findet also täglich statt. Die Sekretärin, die freundlich ihren Chef anlächelt, weil sie so ein wenig Ansehen und Anerkennung von ihm bekommt. Der Freund, der einem ein feines Essen kocht, damit sie sich um den restlichen Haushalt kümmert, ...

Ist Manipulation somit ein natürliches Ritual zwischenmenschlicher Interaktion? Der Knackpunkt sind unsere Trägheit und Unlust, uns selber bewusst zu machen, wie wir unsere Bedürfnisse befriedigen. Das heisst im Klartext: Wir sagen lieber "Der kurze Rock hat mich abgelenkt" oder "Die Politiker sind Schuld" als uns unsere eigene Verantwortung einzugestehen. Es liegt also an uns, ob wir uns wie eine Labormaus in die Irre führen lassen oder mit ein bisschen Neugier und Entdeckergeist die eigene Autonomie entwickeln wollen.  Das Zauberwort, wenn es um Manipulation geht, heisst "Bewusstheit". Ein Versicherungsmakler spielt mit der Abgabe seiner Police zwar auf unsere Sicherheitsbedürfnisse an, aber gleichzeitig hofft er auch, dass wir treue Kunden bleiben, derweilen die Versicherung aber nicht überbeanspruchen. Es ist also eine Wechselwirkung vorhanden, ob bewusst oder unbewusst hängt von uns ab.

Um so bewusster wir uns also Verhalten, desto weniger empfänglich sind wir für Manipulation. Diese Bewusstheit können wir nicht immer an den Tag legen,  mit der Übung fällt uns dies aber immer leichter.


Somit ist es Ansichtssache, ab wann man von Manipulation sprechen kann. Betrachten wir den Konsumenten aus wirtschaftlicher Sicht als Homo oeconnomicus (ein  allinformierter, stets nach bester Bedürfnisbefriedigung ausgerichteter Mensch) könnte es noch so viele Manipulationsversuche geben, wir wären dafür jedoch nicht empfänglich. Betrachtet man den Konsumenten jedoch als "Labormaus", die sich steuern und beeinflussen lässt, sind wir alle sehr empfänglich für Manipulation. Ich denke, dass die Wahrheit irgendwo dazwischen liegt. In manchen Situationen handeln wir sehr bewusst, vor allem wenn ein hohes Involvement zu einem Produkt besteht. In anderen Situationen fehlt uns diese "Disziplin", und wir neigen zu Spontankäufen und emotionalen Handlungen. Das Marketing mancher Firmen versucht uns häufig "zu manipulieren". Sind wir uns dessen bewusst und reflektieren über den Nutzen, den uns ein spezifisches Produkt wirklich bringt, kann man nicht mehr von Manipulation sprechen, da wir zwar beeinflusst werden, aber selbstständig handeln.


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